Im Interview erklärt Prof. Dr. Rudolf Valenta, Immunologe und Professor für Allergologie an der Medizinischen Universität Wien, den Unterschied zwischen Allergie und Intoleranz sowie Diagnoseverfahren.
Prof. Dr. Rudolf Valenta
Immunologe und Professor für Allergologie an der Medizinischen Universität Wien © Foto:Meduniwien/Valenta
Was ist eine Allergie?
Eine Allergie ist eine spezifische Reaktion des Körpers auf einen Eindringling aus der Umwelt: das Allergen. Das Immunsystem bildet angesichts dessen bestimmte Abwehrstoffe (Antikörper der Klasse IgE), die sich mit dem Allergen verbinden, was mit allergischen Reaktionen einhergeht.
Ist Heuschnupfen eine allergische Reaktion?
Ja, die allergische Rhinitis ist mit einem Anteil von 30 Prozent die am häufigsten auftretende Reaktion bei inhalierten Allergenen.
Was sind andere allergische Reaktionen?
Erbrechen, Durchfall, Schwellungen im Mundraum, Bindehautentzündung, Asthma, Neurodermitis, Ekzeme, Juckreiz oder ein anaphylaktischer Schock.
Was sind die Auslöser für eine Allergie?
Allergene differenziert man zum Beispiel nach der Quelle in Tierhaar-, Pollen- und Hausstaubmilbenallergene. Das sind Eiweiße, deren Struktur mittlerweile bekannt ist. Oder danach, wie sie in den Körper kommen: Inhalation, Injektion (Insektenstiche), Hautkontakt oder Nahrungsaufnahme.
Wie unterscheiden sich Allergie und Intoleranz?
Eine Intoleranz oder Unverträglichkeit ist auch eine körperliche Reaktion. Anders als bei einer Allergie bildet der Körper jedoch keine Antikörper gegen die die Intoleranz auslösende Substanz. Er hat vielmehr Probleme, die Substanz ab einer bestimmten Menge zu verarbeiten. Betroffene bekommen wegen der meist mit Lebensmitteln aufgenommenen Substanzen vorwiegend Beschwerden im Magen-Darm-Trakt.
Erklären Sie bitte, wie eine Intoleranz abläuft!
Nehmen wir den Milchzucker. Wer dagegen intolerant ist, dessen Körper baut Milchzucker aus der Kuhmilch nicht planmäßig ab. Stattdessen machen Bakterien im Verdauungstrakt den Job und verursachen dabei einen Blähbauch, Bauchweh oder Durchfall.
Die Symptome von Allergie und Intoleranz ähneln sich. Wie erkennt man, ob man allergisch oder intolerant reagiert?
Diagnostische Sicherheit gibt’s vom ausgebildeten Mediziner. Wer Symptome hat und den Verdacht hegt, intolerant oder allergisch zu reagieren, sollte den Hausarzt aufsuchen und sich von ihm gegebenenfalls zu einem Kollegen schicken lassen, der sich auf Allergien spezialisiert hat. Je nach Symptomen kann das ein Internist, HNO- oder Hautarzt sein.
Wie wird eine Allergie diagnostiziert?
Oft mit dem Pricktest, bei dem der Hautarzt Allergene auf die Haut bringt und sie einsticht oder einritzt. Juckt‘s, rötet sich die Haut oder bildet sich eine Quaddel, liegt eine Sensibilität vor. In der Regel werden dabei mehrere Allergene zugleich getestet, was bedeutet, dass der Arzt die eine oder andere Substanz unnötig verabreicht und auch nicht alle testen kann. Am Ende kennt man dann nur die reizenden Allergenquellen, weiß aber nicht, welche Allergene für die Reaktion verantwortlich sind.
Gibt es zielsichere Diagnosen?
Wir haben hier in Wien die molekulare Allergie-Diagnostik entwickelt. Damit enthüllen wir aus einer Blutprobe heraus das persönliche Reaktionsprofil des Patienten. Unser Testchip erkennt über 100 verschiedene allergene Moleküle, so dass der Arzt das gesamte Sensibilisierungsmuster des Patienten überblickt.
Kann man Allergien auf dem Weg durchs Leben irgendwie ausweichen bzw. frühzeitig etwas dagegen tun?
Nicht ausweichen, aber gezielt vorsorgen, um den daraus resultierenden typischen Leidensweg zu meiden. Forschungen zeigen, dass frühe Allergenvermeidung im Kindesalter einer Verschlimmerung der Symptome entgegenwirkt.