Rheuma – eine Diagnose, die alles verändert. Eine Reaktion, die mich schon manchmal zum Verzweifeln brachte. Doch: Es bewegt sich etwas, wie ich in den letzten drei Jahren dankbar selbst erfahren durfte.
Mareen Schönfelder
Junge Rheumatikerin
Ich erinnere mich noch heute an den Tag der Diagnose als wäre es
gestern gewesen: „Zumindest wissen wir jetzt, dass Sie sich die
Schmerzen nicht eingebildet haben.“ Und weiter: „Heilen können wir Sie
nicht, aber wir können die Symptome behandeln.“
Keine Heilung
Diese Schmerzen. Für immer? Was bedeutete das für mich, für mein Leben? Es bedeutete, dass friedvolle oder selbstverständliche Momente wie Windeln wechseln, Kastanienmännchen basteln oder aus dem Bett kommen zu schmerzhaften Hürden wurden. Ich konnte keinen Schuh mehr ohne Tränen anziehen, meinen Schülern Sätze an die Tafel schreiben, Hausaufgaben korrigieren oder mich früh morgens ohne Hilfe anziehen. Meine Kinder waren erst 4 und 2 Jahre alt. Ich sah sie manchmal an und empfand diese tiefe Traurigkeit wegen all der Dinge, dich ich mit ihnen machen wollte, aber nicht konnte.
Freunde fühlten sich beleidigt, wenn ich absagen musste, auf Arbeit bekam ich Unverständnis entgegengebracht: „Wie, Rheuma? Man sieht ja gar nichts!“ Aufgrund der Medikamente sind Deformationen zum Glück nicht mehr so üblich, die Schübe und Probleme jedoch bleiben: der Partner, der überfordert ist, die eigenen Bedürfnisse, die zurückgesteckt werden müssen. Alles prasselt auf einen ein. Und niemand ist da, der all diese Fragen beantwortet: Wie geht es denn jetzt weiter? Können meine Kinder das auch bekommen? Kann ich noch Kinder bekommen? Auf einen Termin beim Spezialisten kann man derweilen schon mal Monate warten. Man hat das Gefühl, man fällt durch’s Netz des Gesundheitssystems.
Natürlich litt nicht nur der Körper, sondern auch immer mehr meine Psyche. Ich fühlte mich so allein, so unverstanden. Diese Ohnmacht, Wut, Abhängigkeit und Vorurteile! Ein Teufelskreis, denn die Entzündungen fördern Stimmungstiefs, die Tiefs wiederum Entzündungen. Die Angst vor einer Depression wuchs. Wie kommt man da wieder raus? Wer kümmert sich um uns junge RheumatikerInnen?
Das war vor drei Jahren – seitdem ist viel passiert
Mein Weg zum Wiederfinden und Erhalten der Lebensqualität:
1. Körper und Psyche sind nicht getrennt zu betrachten: Kurz nach der Diagnose ging ich zu einer Gesundheitspsychologin. Diese nahm meine Ängste, meine Fragen und auch mal mein Jammern wertfrei auf. Ein Aufatmen für die Seele und somit auch Balsam für den Körper.
2. Du bist nicht allein!
Ich war so erleichtert, als ich die erste Rheumazeitung in der Hand hielt. Hier fand ich einen Kontakt für die lokale Rheumagymnastikgruppe mit anderen älteren Damen. Aber: Sind denn die Bedürfnisse von uns jungen RheumatikerInnen nicht doch etwas anders?
3. Sei aktiv – körperlich und geistig. Versteck dich nicht!
Das 2. JuR Österreichtreffen folgte. Und dafür sind wir der Präsidentin, Gertraud Schaffer, unglaublich dankbar. Sie gibt uns die Möglichkeit, gesehen und gehört zu werden. So ermöglichte uns eine Zukunftswerkstatt in Innsbruck, um zu überlegen, wie wir uns besser aufstellen und vernetzen können.
Wir haben uns einige Aktionen zum Weltrheumatag in Salzburg ausgedacht. Wir wollen Rheuma sichtbar machen. Diese Krankheit mit den vielen Gesichtern, das Stigma der „alten-Leute-Krankheit“ und vor allem Hoffnung verbreiten. Wir sind jung, wir haben Rheuma – und das ist erst der Anfang!