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Trockenes Auge: Achten Sie auf die Anzeichen!

Photo: Kelly Sikkema via Unsplash

Priv. Doz.in Dr.in Jutta Horwath-Winter

Vorsitzende der Kommission für Trockenes Auge und Oberflächenerkrankungen

Priv. Doz.in Dr.in Jutta Horwath-Winter, die Vorsitzende der Kommission für Trockenes Auge und Oberflächenerkrankungen über eine unterschätzte Gefahr und wie man sie in Schach hält:

Warum darf man die Krankheit „Trockenes Auge“ nicht unterschätzen?

„Trockenes Auge“ ist eine mittlerweile sehr häufige Erkrankung, bei der das komplexe System, welches für die Befeuchtung der Augenoberfläche zuständig ist, aus dem Gleichgewicht geraten ist.
Dieses System besteht aus dem Tränenfilm, den Tränendrüsen, den Augenlidern mit den Talgdrüsen (Meibom-Drüsen), den Zellen der Bindehaut und Hornhaut sowie den Nerven in diesem Bereich.
Die Befeuchtung durch den Tränenfilm ist essentiell für den Erhalt einer gesunden Augenoberfläche und ein gutes Sehvermögen.

Im Rahmen dieser Erkrankung kommt es durch eine Instabilität des Tränenfilms zur Nervenreizung mit subjektiven Beschwerden, wie Kratzen, Brennen, Fremdkörper- und Trockenheitsgefühl oder Schmerzen. Auch Augentränen ist möglich, da bei Stimulation der Nerven an der Augenoberfläche die Tränendrüsen – sofern sie noch gut funktionieren – zur vermehrten Sekretion angeregt werden.
Der instabile Tränenfilm bedingt zusätzlich eine Sehunschärfe, die durch vermehrtes Blinzeln oder durch Eintropfen von Tränenersatzmitteln kurzzeitig gebessert werden kann.

Bei Fortschreiten der Krankheit sind trockene Stellen und eine Schädigung der Augenoberfläche mit Vernarbungmöglich, die dann zur bleibenden Sehverschlechterung führen können.
Diese Beschwerden verursachen eine deutliche Beeinträchtigung der Lebensqualität und gehen auch mit einer verminderten Produktivität im Arbeitsleben einher. Beim Trockenen Auge unterscheidet man verschiedene Schweregrade, die von der Intensität der subjektiven Empfindung und vom Zustand der Augenoberfläche abhängig sind.

Milde Formen bzw. Anfangsstadien des Trockenen Auges werden oft unterschätzt, als harmlos bezeichnet oder manchmal gar als Befindlichkeitsstörung abgetan. Es kann aber bereits bei diesen Fällen zur Entzün- dung an der Augenoberfläche kommen, die einen negativen Kreislauf auslöst bzw. ver- stärkt und damit die Erkrankung chronisch werden lässt.

Subjektive Beschwerden und Augenrötung müssen auf jeden Fall von Augenfachärzt abgeklärt werden, da die Ursachen dafür vielfältig sind und das Trockene Auge auch als Begleiter anderer Augenkrankheiten und Allgemeinerkrankungen auftritt.

Was sind Ihrer Erfahrung nach die häufigsten Ursachen für ein Trockenes Auge? Gibt es besondere Risikogruppen?

Vor allem das Trockene Auge durch vermehrte Verdunstung der Tränenflüssigkeit ist sehr häufig durch die sogenannte Meibom-Drüsen-Dysfunktion bedingt.
Hier kommt es zur Verstopfung der Ausführungsgänge der Talgdrüsen der Lider (sogenannte Meibom-Drüsen). In einer von der Univ.-Augenklinik der Medizinischen Universität Graz durchgeführten Studie waren über 70 % unserer Patient mit Trockenem Auge von einer Meibom-Drüsen-Dysfunktion betroffen.

Obwohl das Trockene Auge nach wie vor hauptsächlich eine Erkrankung der Älteren, vor allem Frauen nach der Menopause ist, kann man seit einigen Jahren auch bei jüngeren Menschen, bei Männern und sogar bei Kindern eine Zunahme des Trockenen Auges beobachten. Dafür werden vor allem Änderungen unseres Lebensstils verantwortlich gemacht. Als Risikofaktor gilt die intensive Nutzung von Computer, Tablet und Smartphone.

Negative Umwelteinflüsse, wie trockene Luft in der Heizungsperiode, oxidativer Stress durch eine Kombination aus UV- Licht, Autoabgasen und Ozon sowie Feinstaub und Pollen belasten den Tränenfilm.
Kontaktlinsenträger und auch Menschen, die sich Augenoperationen – wie z. B. Kataraktchirurgie oder refraktiver Chirurgie – unterziehen müssen oder wollen, sind ebenfalls häufiger betroffen.

Weitere wichtige Risikofaktoren sind die Einnahme von systemischen Medikamenten, wie Antihistaminika, Antidepressiva und Betablocker – je mehr Medikamente, desto höher das Risiko – oder auch die dauerhafte Anwendung von Augentropfen, die z. B. Konservierungsmittel enthalten.
Hauterkrankungen, wie Rosacea, Psoriasis und Neurodermitis, aber auch Diabetes mellitus können das komplexe Tränenfilm- und Augenoberflächensystem ebenfalls beeinträchtigen.
Immunologische Erkrankungen, wie das Sjögren-Syndrom oder die Graft-versus-Host-Reaktion nach Stammzelltransplantation, kommen zwar seltener vor, sind aber auf Grund ihrer Schwere des Trockenen Auges besonders bedeutsam.

Wie kann man sich am besten davor schützen?

Den Augen sollte man bei den visuellen Herausforderungen des Alltags immer wieder eine Pause gönnen und in die Ferne, am besten ins „Grüne“ blicken. Bei Computertätigkeit wird angeraten, alle 20 Minuten eine Pause für 20 Sekunden zu machen, 6 Meter in die Ferne zu blicken sowie oft bewusst zu blinzeln, eventuell mit Hilfe einer App, die einen daran erinnert.

Ungünstige Umgebungen wie Räume, in denen geraucht wird, oder Räume mit niedriger Luftfeuchtigkeit und Klimaanlagen sollten gemieden werden. Dies gilt vor allem für Menschen, deren Augen diese Belastungen nicht mehr ausreichend ausgleichen können, siehe Risikogruppen.
Wichtig wäre, eine gute Raumluftqualität mit einer relativen Feuchtigkeit von 40 bis 60 % in Innenräumen anzustreben. Sonnenbrillen, die seitlich gut abgeschlossen sind, weisen auch eine Schutzwirkung vor Wind, Staub und vermehrter Verdunstung der Tränenflüssigkeit auf.
Ausreichend trinken, eine gesunde Ernährung (reich an Vitaminen und Omega- 3-Fettsäuren) sowie ausreichend Schlaf sind weitere einfach durchzuführende, vorbeugende Maßnahmen.
Regelmäßige augenfachärztliche Kontrollen sind wichtig, um Veränderungen des Tränenfilms und der Augenoberfläche frühzeitig zu erkennen und wenn nötig zu therapieren.

Oft führen gereizte Augen auch zum „Augenreiben“, was ja gerade in Pandemie- Zeiten gefährlich sein kann. Wie stellt man das ab?

Augenreiben, besonders bei allergischer Konstitution, stimuliert die entzündlichen Prozesse an der Augenoberfläche und verstärkt so die Beschwerden. Augenreiben wird sogar mit einer mechanischen Schwä- chung der Hornhaut, dem Keratokonus, in Verbindung gebracht.

Unhygienisch ist es außerdem! Über die Tränenflüssigkeit ist auch eine Ansteckung mit viralen oder bakteriellen Infektionen der Augenoberfläche möglich!
Daher sollte Augenreiben auf alle Fälle vermieden werden.
Um den Reiz abzustellen müssen die Symptome, meist Jucken, gelindert werden. Dies geschieht mit der Anwendung von kühlen- den Umschlägen, Tränenersatzmitteln bzw. entzündungshemmender (z. B. anti-allergischer) lokaler Therapie, je nach Ergebnis der augenfachärztlichen Untersuchung.

Wie funktionieren Augentropfen als Mittel gegen trockene Augen?

Augentropfen als Mittel gegen das Trockene Auge werden als Tränenersatzmittel bzw. besser als Benetzungsmittel bezeichnet. Sie beinhalten sogenannte Polymere, die die Verweildauer der Tropfen an der Augenoberfläche verlängern. Sie unterstützen den Tränenfilm dabei, stabiler zu werden, die Reibung an der Augenoberfläche zu vermindern und ermöglichen, dass diverse Entzündungsprodukte an der Augenoberfläche ausgewaschen und damit reduziert werden.

Verschiedene Polymere kommen dabei zum Einsatz, am häufigsten derzeit Hyaluronat, welches eine natürliche, im Körper vorkommende Substanz darstellt. Seine Wirkung an der Augenoberfläche ist nicht nur von der eingesetzten Konzentration abhängig, sondern auch von der Kettenlänge, dem sogenannten Molekulargewicht.

Auch Lipide werden den Tropfen zugesetzt, um die stabilisierende Wirkung zu verbessern und die Verdunstung der wässrigen Komponente des Tränenfilms zu reduzieren.
Zusätzlich können sogenannte osmoprotektive Inhaltsstoffe die Zellen der Augenoberfläche schützen und verbessern.
Das Trockene Auge ist eine chronische Erkrankung, die langfristig behandelt und deren Therapie auch immer wieder angepasst werden muss. Dabei stellen Benetzungsmittel eine Basistherapie dar. Weitere Behandlungsoptionen, je nach Ursache bzw. Schweregrad der Erkrankung, sind die regelmäßige Lidrandhygiene und -massage bei Meibom-Drüsen-Dysfunktion, die entzündungshemmende Therapie, der Verschluss der ableitenden Tränenwege mit Punctum Plugs und die Anwendung von Serum-Augentropfen.

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