Dr. Rainer Riedl
Gründer und Obmann DEBRA Austria
Interview mit Gründer und Obmann Dr. Rainer Riedl, Vater eines Schmetterlingskindes
Wer DEBRA Austria ist …
DEBRA Austria ist ein gemeinnütziger Verein und hat sich als Selbsthilfeorganisation das Ziel gesetzt, kompetente medizinische Versorgung für die „Schmetterlingskinder“ zu ermöglichen und durch gezielte, erstklassige Forschung die Chance auf Heilung zu erhöhen. Dazu kommt die unmittelbare Hilfe für Betroffene und Angehörige in Notfällen oder wenn das Gesundheits- beziehungsweise Sozialsystem nicht ausreicht.
… und warum Rainer Riedl damals DEBRA Austria gegründet hat.
Als unsere Tochter Lena 1993 mit Epidermolysis bullosa (EB) zur Welt kam, war kaum Wissen über diese folgenschwere und unheilbare Erkrankung vorhanden. Auf eine klinische Diagnose mussten wir viele Monate, auf eine exakte Diagnose sogar viele Jahre warten. Daher war es naheliegend, nach Familien und Betroffenen mit einem ähnlichen Schicksal zu suchen, um an Informationen zu gelangen, Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen.
Wie hat alles angefangen?
Mit Lena fing alles an. Mit einem Baby, das unmittelbar nach der Geburt eine große Wunde am Füßchen und wenig später kleine Bläschen an den Nasenflügeln hatte. Mit Hebammen, Ärzten und Krankenschwestern, die diese Symptome nicht kannten und uns sich widersprechende „Therapieempfehlungen“ gaben. Mit uns Eltern, die mit dieser Situation vollkommen überfordert waren. Sehr bald machten wir uns daher auf die Suche nach erfahrenen Ärzten, hilfreicher Information und – einer Selbsthilfegruppe. Nur bei Letzterer wurden wir fündig, in Deutschland. So lernten wir erstmals andere Betroffene und Familien aus Österreich kennen. Im Herbst 1995 gründeten wir dann gemeinsam den Verein DEBRA Austria.
Wie gestaltet sich der Alltag sogenannter Schmetterlingskinder?
Eine Haut, „so verletzlich wie die Flügel eines Schmetterlings“, bedeutet konkret, dass es schon nach geringsten mechanischen Belastungen zur Bildung von Blasen und Wunden auf der Haut, aber auch an Schleimhäuten, in Mund, Augen, Speiseröhre und im Magen-Darm-Trakt kommt. Daher sind bei „Schmetterlingskindern“ mehrfach täglich Wunden zu versorgen sowie Schmerzen zu lindern. Generell ist dafür zu sorgen, dass es zu möglichst wenigen Verletzungen kommt.
Bei EB handelt es sich um eine Multisystemerkrankung, das heißt, je nach Schweregrad der Erkrankung können neben der Haut viele andere Organe betroffen sein. Bei schweren Formen von EB ist die Lebenserwartung verkürzt. Kurz: Für „Schmetterlingskinder“ und ihre Eltern ist ein Leben mit EB eine enorme Herausforderung, sowohl in physischer als auch in psychischer und nicht zuletzt in finanzieller Hinsicht.
In einem Vierteljahrhundert kann sich viel verändern, besonders in der Forschung und Vernetzung von Experten hat sich einiges getan. Wie ist die Situation heute und was ist Ihr persönliches Ziel?
Zunächst die schlechte Nachricht: Es gibt nach wie vor keine heilende Therapie für EB. Nun die guten Nachrichten: DEBRA Austria konnte mit der Hilfe vieler großzügiger Spender im Jahr 2005 das EB-Haus Austria am Salzburger Universitätsklinikum eröffnen. In dieser weltweit einzigartigen Spezialklinik für „Schmetterlingskinder“ ist nun – dank laufender Spenden – die medizinische Versorgung sichergestellt und es kann an Ansätzen zur Linderung und Heilung von EB geforscht werden. Das EB-Haus ist mittlerweile ein anerkanntes Expertisezentrum sowie ein nationales und internationales Leuchtturmprojekt.
Mein Ziel und mein Leitspruch lauten: Heilung für die „Schmetterlingskinder“ ist möglich, daran arbeite ich mit all meiner Kraft.