Das Diabetische Fußsyndrom (DFS) ist als eine Komplikation des Diabetes mellitus anzusehen, die zu einer Beeinträchtigung der Mobilität und der Lebensqualität führt. Zwei Faktoren spielen eine entscheidende Rolle: einerseits die periphere Durchblutungsstörung (Angiopathie), andererseits die Schädigungen der peripheren Nerven (Neuropathie).
Dr. med. Adalbert Strasser
Wundchirurg und Präsident von „wir sind diabetes“ – Dachorganisation der Diabetes Selbsthilfe Österreich
Die Mechanismen, die bei Diabetes mellitus zu den Veränderungen an den Nerven und Gefäßen führen, sind nicht eindeutig geklärt. Unbestritten ist, dass eine enge Verbindung zum Blutzuckerspiegel besteht. Die Veränderungen an Nerven und Gefäßen sind ausgeprägter, je höher der Blutzuckerspiegel, je höher der HbA1C-Wert im Blut ist. Bei Diagnosestellung eines Typ-2-Diabetes ist die Neuropathie bereits bei 12 % der Betroffenen vorhanden. Im weiteren Verlauf steigt die Häufigkeit der Neuropathie linear mit der Diabetesdauer bis auf 50 Prozent nach 25 Jahren an.
Die Schädigung der peripheren Nerven ist eine unterschätzte Komplikation des Diabetes mellitus und ist auf die Störungen des Zuckerstoffwechsels in den Nervenzellen und Nervenbahnen zurückzuführen. Diese steuern die für die Empfindung und Sensibilität zuständigen Rezeptoren. Sind die Nervenbahnen durch Diabetes mellitus geschädigt, kommt es zu Veränderungen des Fußes in Form von Deformierungen oder Zehenfehlstellungen, rissige Haut, Schwielen an den Fußballen sowie fehlende Schmerzempfindung. Diese Symptome werden unter der Diabetischen Polyneuropathie zusammengefasst.
Werden diese Krankheitsbilder bagatellisiert, sind Komplikationen wie etwa diabetische Geschwüre mit Entzündungen die Folge. Die Therapien sind langwierig, was auf die verzögerte Wundheilung bei den Nervenschädigungen zurückzuführen ist. Daher spielt Vorsorge beim Diabetischen Fußsyndrom eine wichtige Rolle. Liegt eine manifeste Polyneuropathie vor, werden alle drei Monate Kontrollen empfohlen. Unumstritten ist die medizinische Fußpflege in der Prophylaxe des DFS, die einmal pro Monat stattfinden sollte. Eine weitere Möglichkeit der Vorsorge besteht in der Hochtontherapie, die die Muskeln stimuliert und die Durchblutung fördert.
Auch in Zeiten der Pandemie war eine Betreuung der Patienten unter Einhaltung aller Vorsichtsmaßnahmen möglich, berichtet Frau Silvia Habacht-Linsbauer, Präsidentin des Vereins Podologische Fußpflege Österreich. Die „Lockerungen“ nach dem „Lockdown“ haben jedoch den Zugang zur podologischen Fußpflege erschwert. Vielen Betroffenen ist der Weg zum Freitesten zu beschwerlich. Eigenverantwortung und Initiativen sind gefragt! Die Polyneuropathie als Wegbereiter des DFS im Rahmen des Diabetes mellitus stellt eine Herausforderung an unser Gesundheitssystem dar, von den Vorzeichen einer chronischen progredienten Erkrankung – bis hin zum Gliedmaßenverlust.