Prof. Dr. Andreas Zuckermann
Programmdirektor Herztransplantation, Universitätsklinik für Herzchirurgie,
Medizinische Universität Wien- AKH Wien
Der Herzchirurg Univ.-Prof. Dr. Andreas Zuckermann erläutert im Interview, welche Voraussetzungen es für Herztransplantationen gibt und welche Risiken mit einer Transplantation einhergehen können.
Sie sind Leiter des Herztransplantationsprogrammes am AKH in Wien und President-elect für die International Society for Heart and Lung Transplantation (ISHLT). Wie viele Herztransplantationen werden pro Jahr in Österreich durchgeführt?
In Österreich werden insgesamt in etwa 65–70 Herztransplantationen pro Jahr durchgeführt, am größten Zentrum bei uns in Wien in etwa 45–50 davon. Das Durchschnittsalter liegt bei 50 Jahren und rund 80 % der Herztransplantierten sind Männer. Je jünger die Patienten sind, desto ausgeglichener ist dieses Geschlechterverhältnis.
Welche Gründe bzw. Erkrankungen können überhaupt zu einer Herztransplantation führen?
60 % der Patienten haben eine Herzmuskelschwäche, 30 % leiden an einer koronaren Herzkrankheit. Die restlichen 10 % verteilen sich auf seltene Erkrankungen, wie Herzklappen- oder Speichererkrankungen, sowie angeborene Missbildungen des Herzens, die oft bei Kindern zur Transplantation führen.
Wie wird entschieden, bei wem eine Herztransplantation durchgeführt werden kann und bei wem nicht?
Es gibt ganz klare, von der internationalen Fachgesellschaft ISHLT festgelegte Richtlinien, wer für eine Transplantation geeignet ist und welche Grundvoraussetzungen Patienten dafür mitbringen müssen. Wenn Patienten dann für eine Transplantation in Frage kommen, gibt es vorab eine Checkliste, nach deren Daten und Fakten auch entschieden wird, ob Patienten zum einen eine gute Chance haben die Operation zu überleben und zum anderen auch eine gute Langzeitprognose haben. Diese Entscheidung wird immer im Team nach dem Sechs-Augen-Prinzip getroffen. Es ist aber auch wichtig klarzustellen, dass die Transplantation keine Heilung, sondern einen Austausch einer Erkrankung durch eine andere Erkrankung mit einer besseren Lebenserwartung und signifikant bessere Lebensqualität bedeutet. Denn Patienten müssen nach einer Transplantation ein Leben lang immunsuppressive Medikamente nehmen, die das Abwehrsystem des Körpers künstlich schwächen, damit das neue Herz als eigenes vom Körper akzeptiert wird.
Welche Risiken gibt es bei Transplantationen?
Die Risiken kann man in drei Phasen einteilen. Es gibt zunächst direkte Risiken, die unmittelbar mit dem operativen Eingriff verbunden sind, dann Risiken in der Frühphase bis zum Ende des ersten Jahres nach einer Transplantation und schließlich Langzeitrisiken. Eine Transplantation ist ein großer herzchirurgischer Eingriff. Die Patienten müssen zuerst an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen werden, bis sich das neue Herz erholt hat. Wenn dies nicht sofort funktioniert, brauchen die Patienten temporär eine Unterstützungspumpe. Dies kommt aber nicht mehr sehr häufig vor, weil wir gute Schutzmaßnahmen haben.
Wie oft kommt es zu Abstoßungen von Organen?
Obwohl viele Patienten davor Angst haben, hat die Abstoßung von Organen deutlich an Gefährlichkeit verloren und kommt nur mehr bei etwa 13 % der Patienten vor. Die meisten Abstoßungen erkennen wir heute nicht aufgrund von Symptomen der Patienten, sondern aufgrund von regelmäßigen Biopsien, die wir im ersten Jahr nach einer Transplantation routinemäßig durchführen. Die Therapie ist standardisiert und führt in 99% der Fälle zum Erfolg.
Wie geht es für Patienten nach der Transplantation weiter?
Da die Patienten in der Anfangsphase starke Immunsuppressiva erhalten und damit das Abwehrsystem geschwächt ist, steigt das Risiko durch Infektionen. Außerdem können durch die Medikamente auch Nebenwirkungen entstehen. Durch die Schwächung des Immunsystems sind die Patienten auch anfälliger für Tumorerkrankungen, insbesondere Hautkrebserkrankungen.
Welche viralen Infektionen können für Patienten gefährlich werden?
Jedes Virus, das einen Nicht-Transplantierten befallen kann, kann auch Transplantierte befallen – zumeist sogar noch etwas stärker. Das Hauptproblem sind Herpesviren, die aber in der Regel einfach zu behandeln sind. Außerdem können Hepatitis B und C sowie HIV Probleme bereiten. Etwas, das wir bei Transplantierten sehr genau überwachen müssen, weil es zu starken, sogar lebensbedrohlichen Problemen führen kann, ist das Zytomegalievirus. Dieses Virus wird sozusagen mittransplantiert, weil es im österreichischen Raum mit einer Rate von etwa 80 % sehr häufig vorkommt. Dank Forschung und Entwicklung können wir das Zytomegalievirus aber heute einerseits sehr gut diagnostizieren und andererseits mit entsprechenden Medikamenten auch sehr gut therapieren.