Der Urologe Prim. Dr. Martin Haydter appelliert im Interview an die Männer, Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen, um Erkrankungen wie Blasenkrebs frühzeitig erkennen zu können.
Prim. Dr. Martin Haydter, FEBU
Leiter der Urologie am Landesklinikum Wr. Neustadt
© Foto: Ordination Dr. Martin Haydter
Im Rahmen der Awareness für Männergesundheit wird häufig das Thema Prostatakrebs thematisiert. Wird abgesehen davon auf andere, ähnliche Erkrankungen vergessen?
Blasenkrebs beispielsweise ist kein so prominentes Thema wie Prostatakrebs. Es wird tatsächlich ein wenig stiefmütterlich behandelt, wiewohl es sowohl bei Männern als auch bei Frauen weit oben auf der Liste der häufigsten Krebsarten steht.
Was sollten Männer denn rund um das Thema wissen?
Ganz entscheidend ist das Wissen hinsichtlich Ursachen und Risikofaktoren. Der Großteil der Urothelkarzinome ist mit dem Rauchen assoziiert – ganz ähnlich wie beim Lungenkarzinom. Rauchen ist also der Hauptrisikofaktor! Leider gibt es bei Blasentumoren keinen spezifischen Vorsorgemarker – so wie der allseits bekannte PSA-Wert einer bei Prostatakrebs ist. Viele werden erst durch Blut im Harn auffällig. Das ist das Leitsymptom, mit dem Männer zu Hausärzten oder Urologen kommen. Gelegentlich wird auch im Rahmen einer Prostata-Vorsorgeuntersuchung festgestellt, dass sich im Harn Spuren von Blut befinden.
Wie können Männer also am besten vorsorgen?
Zur Vorsorge zählen bewusste Maßnahmen, die man selbst treffen kann, wie einerseits der Verzicht auf Zigaretten und andererseits der regelmäßige Gang zu Vorsorgeuntersuchungen. Denn Harnuntersuchungen sind routinemäßig bei der Prostatavorsorge vorgesehen. Ebenso wird der Harn im Rahmen der Gesundenuntersuchung angesehen, was bedeutet, dass auch hier eine Mikrohämaturie festgestellt werden könnte. In jedem Fall sollte Blut im Harn beim Urologen abgeklärt werden. Dafür gibt es viele mögliche Ursachen, jedoch muss im Rahmen von weiteren Untersuchungen ausgeschlossen werden, dass der Auslöser für das Blut ein Tumor der Blase oder der oberen Harnwege ist.
Welche Therapieoptionen gibt es denn derzeit für Blasenkrebs?
Wenn man durch eine Blasenspiegelung erkennt, dass ein Gewächs in der Blase besteht, dann ist der erste Schritt seine Entfernung über einen endoskopischen Eingriff. Ein Großteil der Blasentumore, also weit über 90 %, besteht aus oberflächlichen Tumoren und kann mit dieser Methode gut beherrscht werden. Abhängig von der Aggressivität des Tumors sowie von anderen Faktoren gibt es noch weitere Therapien, wie das Einspritzen von
Chemotherapeutika oder Immunpräparaten in die Blase. Das heißt, hier haben wir gute Therapieoptionen. Um auch Menschen mit aggressiveren Tumoren heilen zu können, braucht es aber schon größere Eingriffe, bei denen die Blase entfernt und ein neues Harnreservoir gebaut wird. Man sieht, dass also sehr viel von der Frühdiagnose abhängt – wie bei allen Krebsarten ist auch hier das frühzeitige Erkennen entscheidend.
Was möchten Sie den Männern abschließend noch mit auf den Weg geben?
Man kann es gar nicht oft genug sagen: Männer sollen die Möglichkeit der Vorsorgeuntersuchung in Anspruch nehmen. Es tut nicht weh! Es sollte im eigenen Interesse sein, ab dem 45. Lebensjahr einmal jährlich zum Urologen zu gehen. Das ist nicht nur wichtig, um Prostatakrebs möglichst frühzeitig zu erkennen – sondern auch mögliche andere Tumore. Nur so haben wir gute Therapieoptionen und können anhand eines kurativen, also heilenden, Ansatzes behandeln. Wir haben mittlerweile wirklich wirksame Medikamente, weil sich auf diesem Gebiet sehr viel tut. Aber wenn man zu spät dran ist, helfen auch die besten Medikamente nichts mehr. Daher lautet mein Appell an die Männer: Nehmt die in Österreich kostenfrei angebotene urologische Vorsorgeuntersuchung wahr – auch in Corona-Zeiten!