Prim. Univ.-Prof. Dr. Stephan Madersbacher
Vorstand der Abteilung für Urologie und Andrologie, Kaiser-Franz-Joseph Spital, Wien
Im Interview klärt Prim. Univ.-Prof. Dr. Stephan Madersbacher darüber auf, was hinter dem Begriff Prostatahyperplasie steckt und wo die Unterschiede zum Prostatakarzinom liegen.
Was versteht man unter einer Prostatahyperplasie?
Die Prostata liegt unterhalb der Harnblase und umschließt den ersten Teil der Harnröhre. Bei nahezu jedem Mann beginnt mit fortschreitendem Alter die Prostata sich histologisch zu verändern und an Größe zuzunehmen. Das subsumiert man unter dem Begriff Prostatahyperplasie. Im Grunde beschreibt der Begriff Prostatahyperplasie also die im Alter auftretende Vergrößerung der Prostata.
Wie macht sich die Krankheit bemerkbar, welche Symptome können auftreten?
Durch die Vergrößerung der Prostata kommt es zu einer Einengung der Harnröhre, was zu einer mechanischen Obstruktion führen kann. Diese mechanische Obstruktion ruft dann Symptome hervor, die den Patienten dazu veranlassen, zum Arzt zu gehen. Dazu zählen ein geschwächter Harnstrahl, das Nachträufeln, das Gefühl, die Blase nicht gut entleeren zu können, sowie häufiges Urinieren untertags und in der Nacht. Das sind alles sehr typische Symptome bei einer Prostatahyperplasie. In der Spätphase der Krankheitsentwicklung kann es zur Harnverhaltung kommen, sodass der Patient gar nicht mehr Wasser lassen kann, ebenso zur Bildung von Blasensteinen, zu wiederkehrenden Infekten oder zur Beeinträchtigung der Nierenfunktion.
Kann man sich als Betroffener orientieren, wann welche Symptome auftreten?
Das ist individuell sehr unterschiedlich.
Die Größe der Prostata korreliert nur sehr schwach mit dem Ausmaß der Symptome. Vielmehr kommt es auf den histologischen Aufbau der Prostata an und darauf, welche Art der Einengung der Harnröhre besteht. Typischerweise treten die ersten klassischen Symptome, etwa dass der Harnstrahl schwächer wird oder man öfter auf die Toilette gehen muss, um das 40. bis 45. Lebensjahr auf. Diese Symptome nehmen dann tendenziell mit dem weiteren Lebensalter zu. Allerdings ist der Verlauf undulierend,
er tritt also nicht stetig steigend, sondern
eher wellenförmig auf.
Wer ist besonders gefährdet, an Prostatahyperplasie zu erkranken? Gibt es eine Risikogruppe?
Im Grunde gibt es nur zwei etablierte Risikofaktoren für diese Erkrankung. Der eine ist das zunehmende Alter und der andere ist ein funktionierender Testosteronhaushalt um die Pubertät herum, denn nur so kann sich in den folgenden Jahrzehnten eine Prostatahyperplasie entwickeln. Aus historischen Serien weiß man, dass Eunuchen beziehungsweise Jugendliche, die um die Pubertät kastriert wurden, keine Prostatahyperplasie entwickeln konnten – dasselbe trifft im Übrigen auch auf Prostatakrebs zu.
Stichwort Prostatakrebs: Worin liegen die Unterschiede zwischen einer Prostatahyperplasie und einem Prostatakarzinom?
Die Prostatahyperplasie ist eine gutartige Vergrößerung der Prostata, die nie metastasiert. Das Prostatakarzinom dagegen ist eine bösartige Vergrößerung der Prostata, die auch metastasieren kann und woran der Patient letztendlich auch sterben kann. Beide Erkrankungen haben mit Alter und intaktem Hormonhaushalt relativ ähnliche Risikofaktoren, allerdings kommen beim Prostatakarzinom noch die Ernährung sowie eine gewisse genetische familiäre Komponente als Risikofaktoren hinzu. Wenn man die klinische Symptomatik betrachtet, weist der Prostatakrebs – und deshalb ist hier die Vorsorge so wichtig – im Frühstadium nie klinische Symptome auf. Kommen diese zum Vorschein, dann ist das Karzinom bereits in einem deutlich fortgeschrittenen Stadium.
Je früher man eine Erkrankung diagnostiziert, desto schneller kann man mit der Behandlung beginnen.
Wie wird Prostatahyperplasie behandelt?
Uns steht eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, die wiederum von einer Reihe von klinischen Faktoren abhängen, beispielsweise vom Alter des
Patienten oder der Größe der Prostata. Die Behandlungsmöglichkeiten reichen von
einer reinen Lebensstilberatung über eine „Watchful Waiting“-Strategie bis hin zu medikamentösen Therapieoptionen oder operativen Eingriffen. Aufgrund dieser breiten Palette kann man dem Patienten eine maßgeschneiderte, individualisierte Therapie anbieten. Auch wenn der Patient mit schwer- wiegenden Symptomen wie Blasensteinen oder einer Nierenfunktionsbeeinträchtigung konfrontiert ist, kann man eine Prostatahyperplasie in der Regel sehr gut behandeln und langfristige Erfolge erzielen.
Welche Möglichkeiten der Vorsorge gibt es?
Da es praktisch keine Möglichkeit gibt, die Entwicklung einer Prostatahyperplasie zu verhindern, ist es entscheidend, die Krankheit früh zu erkennen. Wenn ein Patient also Symptome bemerkt, etwa dass der Harnstrahl schwächer wird oder er nachts öfter auf die Toilette muss, dann ist es in jedem Fall wichtig, einen Urologen aufzusuchen. Dort kann man in wenigen Minuten den urologischen Status, den PSA-Wert, erheben und feststellen, ob eine Prostatahyperplasie oder eine andere Erkrankung vorliegt oder nicht. Je früher man eine Erkrankung diagnostiziert, desto schneller kann man logischerweise mit der Behandlung beginnen. Deshalb ist es auch so wichtig, über Vorsorge zu informieren und Bewusstsein dafür zu schaffen!