Prof. Dr. med. F. Burkhard
Chefärztin Funktionelle Urologie, Neurourologie und Urologie der Frau
Urologische Universitätsklinik
Inselspital Bern
Urologische Klinik
Neurologische Erkrankungen führen bei vielen Menschen zu einer neurogenen Blasenentleerungsstörung. Diese muss kein unabwendbares Schicksal sein, erklärt Prof. Fiona Burkhard.
Was ist eine neurogene Blasenentleerungsstörung?
Neurologische Erkrankungen wie zum Beispiel Multiple Sklerose, Querschnittlähmungen, die Parkinson-Krankheit oder ein Bandscheibenvorfall führen häufig zu einer Störung der Blasenfunktion. Blase und Harnröhre arbeiten dann nicht mehr koordiniert. Das zeigt sich anhand von Symptomen einer Reizblase wie Drangbeschwerden sowie mit Drang- oder Belastungsinkontinenz und Entleerungsstörungen.
Wie wird eine solche Störung diagnostiziert?
Die Betroffenen melden sich meist mit Beschwerden wie häufigem Wasserlassen, abgeschwächtem Harnstrahl, Dranginkontinenz oder wiederkehrenden Blasenentzündungen. Bei einer videourodynamischen Untersuchung sehen wir, ob sich Harnblase und Harnröhre koordiniert zusammenziehen und die Blase vollständig entleert wird. Wir sehen während der Füllung auch, ob ungewollte Kontraktionen der Harnblase zu Inkontinenz führen können.
Wie wird diese behandelt?
Bei Speicherstörungen wie Harndrang oder Inkontinenz können ein Beckenbodentraining und Medikamente für Abhilfe sorgen. Blasenentleerungsstörungen lassen sich medikamentös häufig nicht oder nur schlecht behandeln. Eine einfache Therapiemöglichkeit ist die Blase jeweils selbst mit einem Katheter vollständig zu entleeren. Der intermittierende Selbstkatheterismus ist für Betroffene mit einer guten Handfunktion und der nötigen Beweglichkeit geeignet. Ist es schwierig über die Harnröhre zu katheterisieren, kann durch eine Operation ein Kanal zum Bauchnabel gemacht werden, der besser zugänglich ist. Bei beiden Varianten hat der Betroffene es selbst in der Hand, das Problem des Resturins zu lösen.
Was raten Sie Menschen, die unkontrolliert Harn verlieren oder unter ständigem Harndrang leiden?
Wenn das Leben durch Blasenprobleme eingeschränkt oder sogar bestimmt wird, sprechen Sie Ihren Arzt darauf an! Häufig hilft eine einfache Massnahme wie ein Medikament oder Beckenbodentraining. Reicht dies nicht aus, können weitere Abklärungen und Behandlungen durch den Spezialisten die Situation zwar nicht immer heilen, aber doch deutlich verbessern.