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Immunsystem auf Abstand – Tipps für eine starke Abwehr

Kinder sitzen an einen Baum angelehnt
Supported by
Photo: Marcus Wallis via unsplash
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Frau Dr. med. Ulrike Kummer-Frosch

GSÖ Vorstandsmitglied, Schulärztin und Sportärztin

Was das Leben auf Abstand mit unserer Immunabwehr machen kann  und wie wir unser Immunsystem stärken können, erklärt Dr. med. Ulrike Kummer-Frosch, Vorstandsmitglied der GSÖ (Gesellschaft der SchulärztInnen Österreichs), Schulärztin und Sportärztin.

Was tut das Immunsystem für uns?  

Das Immunsystem ist ein sehr komplexes, körpereigenes Abwehrsystem, das uns vor Erregern schützt: Viren, Bakterien, Pilzen und Parasiten. Dringen diese Keime in unseren Körper ein, versucht es diese schnell zu erkennen  und  zu bekämpfen. Diese zielgerichtete Abwehrreaktion ist das Ergebnis einer komplexen Zusammenarbeit mehrerer Organe und Systeme, darunter Haut, Schleimhäute, lymphatisches Gewebe , Milz und Darm. Unser Immunsystem kommuniziert direkt mit unserem Zentralnervensystem und unserer Psyche  und reagiert so auf jeglichen Stress – sei es aufgrund eines Keims oder einer psychischen oder auch körperlichen  Belastungssituation.

Wie Stress auf unseren Körper einwirkt, ist abhängig von der Zeitdauer und davon, wie belastend das Individuum diesen empfindet.

Bei akutem, kurzzeitigem Stress – wir sprechen von Minuten bis maximal ein paar Stunden – kommt es zu sogar zu einer erhöhten Aktivität des Immunsystems, die Immunzellenwerte steigen.

Chronischer Stress dagegen schwächt das Immunsystem, man wird anfälliger für Krankheiten, da es einerseits zum Absinken von Substanzen des Immunsystems kommt, die der Abwehr dienen und andererseits vermehrt Stresshormone ausgeschüttet werden, die wiederum die Immunreaktion unterdrücken.

Auch chronische Erkrankungen wie Asthma, Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen verschlechtern sich unter ständiger Stresseinwirkung, es kann auch zum Ausbruch von neuen Erkrankungen kommen.

Wie entwickelt sich das Immunsystem?

Grob unterscheidet man eine unspezifische (angeborene) Abwehr von einer erworbenen (spezifischen) Abwehr, die sich ständig weiter entwickelt. Sobald der Körper es mit einem neuen Erreger zu tun bekommt, kommt es zur Aktivierung von Abwehrzellen und als Folge zur Umwandlung von Zellen  zu „maßgeschneiderten“ Immunzellen, die spezifische Antikörper bilden, und zusätzlich  zur Bildung von „Gedächtniszellen“.

Das sogenannte Immungedächtnis:  Beim neuerlichen Eindringen des Erregers, mit dem der Körper schon einmal Kontakt hatte, wird dieser sofort  erkannt und schnell und effektiv besiegt. Jeder Infekt, den wir durchmachen, prägt und verändert somit  unser Immunsystem.

Was macht das pandemiebedingte Leben auf Abstand mit dem Immunsystem?

Das Immunsystem wird und bleibt stark, wenn Körper und Seele sich gesund entwickeln können. Wer sich ausgewogen ernährt, ordentlich bewegt, ausreichend gut schläft und körperlichen wie seelischen Stress auf einem gut verträglichen Level hält, tut viel für seine Gesundheit und stärkt somit seine Immunabwehr. Das Abstandhalten stresst viele Menschen körperlich und psychisch.

Wie äußert sich das bei den SchülerInnen, die Sie betreuen?

Bei den rund 1.500 Schülerinnen und Schülern zwischen 10 und 18 Jahren, die ich als Schul- und Sportärztin betreue, zeigen sich nach einem Jahr Pandemiemaßnahmen immer mehr andauernde Stresssymptome.

Verständlich, denn Homeschooling mit Online-Unterricht oft  von 8 bis 15 Uhr und dann anschließend  oft noch Hausaufgaben sind sehr belastend und anstrengend  für viele Kinder. Sie bewegen sich  noch weniger: Neben dem Schul- und Vereinssport fehlen ihnen auch Schulwege und Pausengänge. Viele ernähren sich unregelmäßiger und einseitiger, die einen zu kalorienreich, die anderen zu kalorienarm. Den meisten Kindern fehlen die regelmäßigen Begegnungen mit ihren Freunden und der Austausch mit ihrer Gruppe. Gerade für Kinder und Jugendliche hat das einen hohen Stellenwert und ist wichtig für die Ausbildung der „sozialen Kompetenz“.  Hinzu kommt das ständige Zusammensein aller Familienmitglieder in der Wohngemeinschaft. Sind die Eltern um Gesundheit, Job und Geld besorgt, belastet das natürlich das ganze Familienleben und überträgt sich auch auf die Kinder. Viele Kinder schlafen unruhiger und schlechter, ihr Biorhythmus kann aus dem Gleichgewicht geraten.

Was können wir zur Immunstärkung tun?

Ein geregelter, gut strukturierter  Tag ist besonders wichtig für den Lockdown-Alltag. Home-Schüler sollen raus aus dem Bett,  sich normale Bekleidung anziehen, nicht im Pyjama bleiben, um leichter vom Chill-Modus in den Lernmodus zu kommen. Da kann man auch in den Lernpausen schneller mal kurz ins Freie gehen. Geregelte, ausgewogene Mahlzeiten am Esstisch sind besser als ungesundes Essen zwischendurch vor dem Bildschirm. Der Lockdown ist für viele Schüler eine echte Belastungszeit, in der sie eher zu ihrem „Seelenfutter“ greifen, sei es  zur Belohnung oder aus Frust. Oft ist das Soulfood zucker-  und fettreich. Stattdessen empfehle ich Studentenfutter, Obst und Gemüsesnacks auszuprobieren. Ausreichend trinken, am besten Wasser oder stark verdünnte Fruchtsäfte/Tees, hält die Schleimhäute feucht und gesund und kurbelt den Kreislauf an. Ausreichend Bewegung im Freien und eine ausgeglichene Psyche sind meist die besten Voraussetzungen für einen gesunden Schlaf. Abends – günstig wäre eine Stunde vor dem zu Bett gehen – Smartphones, Fernseher,  Tablets und Co ausschalten, mal ein nettes Buch lesen, eine kurze Mediation in Form von Achtsamkeitsübungen ausprobieren und dem Körper und Geist Raum und  Zeit geben, sich zu entspannen.

Frau Dr. Kummer-Frosch, herzlichen Dank für dieses Interview mit praktischer Lebenshilfe!

Der tägliche Kick für ein starkes Immunsystem

Eine ausgewogene Ernährung stärkt das Immunsystem – doch was heißt ausgewogen? Und welche Lebensmittel haben das Zeug zum echten Immunbooster? Auch das weiß Dr. med. Ulrike Kummer-Frosch.

Speisen und Getränke sind dann ausgewogen, wenn sie uns einen abwechslungsreichen, bunten Mix an Vitaminen, Mineralien und Nährstoffen wie Kohlenhydrate, Eiweiß und Fett bieten. Regionale und saisonale Lebensmittel garantieren unserem Körper Frische und ein Maximum an nährenden Inhalten. 

Wer seinem Immunsystem in Pandemiezeiten einen extra Kick verpassen möchte, greift zwischendurch zu Kraft spendenden Superfoods, zum Beispiel Gojibeeren, Sanddorn, Chiasamen (ähnlich wirkend: Leinsamen), Quinoa (Hirse und Hafer), Avocado (Walnüsse). Sanddorn etwa enthält bis zu zehnmal mehr Vitamin C als Zitronen. Gojibeeren punkten unter anderem mit Calcium, Magnesium, Zink, Selen und Eisen. Dazu sollte man reichlich und regelmäßig Wasser, einen Spritzer aus zuckerarmen Obstsäften oder eine Tasse Kräutertee trinken. 

Nicht zu vergessen: Ohne Sonne auf der Haut bildet der Körper oft weniger (essenzielles) Vitamin D als nötig. Es wird für viele Prozesse gebraucht, darunter auch die Immunabwehr. Wer pandemiebedingt viel drinnen sitzt, sollte deshalb auf seinen Vitamin-D-Haushalt achten und diesen gegebenenfalls gezielt ausgleichen. In rohen Steinpilzen und Champignons, in Hering und Lachs, Eigelb und Schmelzkäse beispielsweise steckt das Sonnenvitamin.

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