Für viele Menschen schwer vorstellbar: 1,5 Millionen Österreicher:innen leiden täglich unter starken Schmerzen. Mit neuen Behandlungsmethoden können diese gemildert werden.
Dkfm. Erika Folkes
Leiterin und Sprecherin der Allianz Chronischer Schmerz
Foto: privat
Ein Schmerz, der länger als drei Monate andauert, wird von der WHO (World Health Organisation) als „chronisch“ bezeichnet. Dieser mittlerweile als „Schmerzkrankheit“ eingestufte Zustand entsteht, wenn sich der Schmerz von seiner eigentlichen Funktion als Warnsignal zu einem eigenständigen Krankheitsbild entwickelt.
Laut einer IMAS-Studie leiden die meisten Menschen- mit Abstand – an Rückenschmerzen. Jedoch lässt sich nur bei weniger als 20 Prozent unter ihnen eine Ursache erforschen, wie beispielsweise ein Bandscheibenvorfall. Für die restlichen 80 Prozent der Patient:innen gibt es keinen konkreten Auslöser.
An zweiter Stelle der chronischen Leiden stehen Kopfschmerzen, gefolgt von Nervenschmerzen (Neuropathie). Zu den körperlichen Beschwerden kommen oft noch psychische und soziale Probleme hinzu, die den Alltag und das Berufsleben massiv beeinträchtigen.
Die ständige Suche nach immer neuen Therapien und das mangelnde Verständnis der Umgebung, einen Menschen mit chronischen Schmerzen zu verstehen, führen zu einer stark verminderten Lebensqualität, zu Depressionen und – unter Umständen – in die totale soziale Isolation.
Dabei muss gesagt werden, dass die meisten Ärztinnen und Ärzte oft vor der chronischen Schmerzkrankheit kapitulieren. Laut einer Studie des Gallup-Instituts konsultiert nahezu ein Drittel der Schmerzpatient:innen mehr als fünf Ärztinnen und Ärzte. Rund 40 Prozent sind mit der Behandlung unzufrieden. Entweder die Medikamente bleiben wirkungslos oder verursachen starke Nebenwirkungen. Von den ersten Symptomen bis zur Erstellung einer Diagnose vergehen durchschnittlich 2,5 Jahre.
Abhilfe könnte in vielen Fällen eine multimodale Therapie schaffen. Mit Hilfe dieser wird der Zustand von Schmerzpatient:innen von mehreren Fachspezialist:innen abgeklärt und danach gezielt behandelt, wobei Kraft-, Ausdauer- und Koordinationstraining; Schmerzbewältigungs-, Entspannungs- und Bewegungstraining; Ernährungsberatung sowie Physiotherapie und Psychologie zum Einsatz kommen. Eine solche zielführende Therapie wird aktuell allerdings nur in Kärnten für Berufstätige angeboten.
Aber auch Eigeninitiative ist gefragt, und zwar indem Schmerzpatient:innen lernen, wie sie mit ihren Schmerzen umgehen und – vor allem – leben können. Ein langjähriger Schmerzpatient hat seine Erfahrungen in der Broschüre „Schmerz-Werkzeugkoffer“ niedergeschrieben und informiert darüber, wie man mit Geduld, Entspannung und Bewegung den eigenen Schmerz managen kann.
Schmerzbewältigung: Tipps für die Praxis
Chronische Schmerzen müssen Tag für Tag aufs Neue bewältigt werden. Wie das gehen kann, erfahren Schmerzpatient:innen in der Broschüre „Schmerz-Werkzeugkoffer“, die von einem Betroffenen entwickelt wurde. Die darin enthaltenen Werkzeuge in Form von zwölf Tipps können zum Selbstmanagement von Schmerzen verhelfen.
Hilfreich ist auch die Führung eines Schmerztagebuchs, in dem sämtliche Aktivitäten sowie die Erfolge im Umgang mit Schmerzen festgehalten werden. Solche Informationen sind dann auch hilfreich für Gespräche mit dem Arzt oder der Ärztin und all jenen, die bei der Erstellung einer bestmöglichen Strategie zur Eindämmung der Schmerzen eingebunden werden.
Eine Vorlage zur Führung eines Schmerztagebuchs sowie der komplette Schmerz- Werkzeugkoffer können kostenfrei auf www.change-pain.at heruntergeladen werden. Wer die Broschüre lieber in Papierform möchte, kann sie unter [email protected] anfordern. Wertvolle Tipps erhalten Schmerzpatient:innen außerdem auf www.schmerz-tipps.at.
Kontakt
Hilfreich ist jedenfalls auch die Kontaktaufnahme zu einer Selbsthilfegruppe, die sich mit der eigenen Schmerzart befasst. Mehr dazu finden Sie auf der Seite der Allianz Chronischer Schmerz (www.schmerz-allianz.at).